Die Folgen eines Schlaganfalls, Schädel-Hirn-Traumas oder anderer neurologischer Krankheiten und Verletzungen zeigen sich oft in Beeinträchtigungen der Hand- und Armfunktion und schränken Patienten selbst bei einfachsten Alltagsbewegungen extrem ein. Wissenschaftler der ETH Zürich untersuchten jetzt in Zusammenarbeit mit 4 Schweizer Kliniken wie der Einsatz von robotischem Training mit dem ARMin2 (Forschungsprototyp des ArmeoPower, dem weltweit ersten kommerziell erhältlichen Arm-Exoskelett zur Rehabilitation) beim Wiedererlernen dieser verlorenen motorischen Fähigkeiten helfen kann. Dass roboterunterstützte Therapie schneller und effektiver als herkömmliche Therapie zu funktionellen Verbesserungen führte, ist ein wichtiges Signal für Forschung und Praxis und bestätigt die zunehmende Bedeutung und Wirksamkeit von neuen Rehabilitationsmethoden.
Robotische Therapie liefert bessere Ergebnisse als herkömmliche Therapie
An der Studie, während der über 8 Wochen (insgesamt 24 Sitzungen) Therapie durchgeführt wurde, nahmen 77 chronische Schlaganfallpatienten mit mittelschwerer bis schwerer Armparese teil. Die Patienten wurden willkürlich in zwei Gruppen eingeteilt, in denen sie dreimal pro Woche für mindestens 45 Minuten entweder eine robotische oder eine herkömmliche Therapie erhielten.
Nach der Therapie wurde bei Patienten mit robotischer Therapie eine stärkere Zunahme der motorischen Funktion festgestellt. Auch wenn die meisten Fortschritte in den ersten vier Wochen verzeichnet wurden, verbesserte sich der Zustand der Patienten auch während der zweiten Therapiehälfte, ohne eine Stagnation am Ende des Trainings. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass bei einer Fortsetzung des Trainings weitere Verbesserungen erzielt werden könnten.
Stark beeinträchtigte Patienten profitieren am stärksten von der robotischen Therapie
Bei einer Einteilung der Patienten nach dem Schweregrad ihrer Beeinträchtigung gab es zudem Hinweise, dass stark betroffene Patienten am meisten von der robotergestützten Therapie profitieren. Klamroth-Marganska und Kollegen zufolge könnte vor allem bei Patienten mit schweren Beeinträchtigungen die höhere Intensität des Trainings mit dem ARMin ein wichtiger Faktor bei den unterschiedlichen Studienergebnissen gewesen sein.
Erfolg durch klinisches Netzwerk
Die Auswahlkriterien, Grösse und Organisation waren laut Erstautorin Klamroth-Marganska eine der grössten Herausforderungen, die die Studie mit sich brachte. Ausschlaggebend für die erfolgreiche Durchführung der Studie war für die Wissenschaftlerin die hervorragende Unterstützung aus dem klinischen Netzwerk. So war das Universitätsklinikum Balgrist nicht nur in der Entstehungsphase des ARMin beteiligt, sondern wirkte bei allen Entwicklungsschritten des Therapiegerätes mit. Auch auf Planungsseite brachten z.B. ehemalige Forschungskollegen aus Berlin ihre langjährige Expertise bei der Umsetzung komplexer Studien mit ein.
Verena Klamroth-Marganska, die die Studie von Anfang an begleitet hat, sieht in den Ergebnissen grosses Potential für die zukünftige Forschung: “ Die Erkenntnis, dass die robotische Therapie mit ARMin besonders bei Schwerstbetroffenen zu so guten Resultaten führen könnte, haben wir nicht erwartet und ist etwas absolut Neuartiges. Jetzt müssen wir in grösser angelegten Folgestudien und über einen längeren Zeitraum das volle Potential der robotergestützten Armtherapie untersuchen.“
Verena Klamroth-Marganska
Zur Person Verena Klamroth-Marganska
Verena Klamroth-Marganska absolvierte ihr Medizinstudium in Berlin (D). Ihren Doktor machte sie an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster. Nach Auslandseinsätzen in Spanien, USA und England war die Genetikerin als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Humangenetik der Universitätsklinik Münster und als Assistenzärztin in der Neurologie der Median Klinik, Berlin tätig. Bereits hier stand die Neurorehabilitation mit Hilfe von Robotik im Fokus. Im April 2008 begann Klamroth-Marganska als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der ETH Zürich um die Leitung der grossangelegten Multicenter-Studie mit dem Roboter ARMin zu übernehmen.